Yvonne Schudel

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Wie kommst du? - oder die 4 Wege zum Orgasmus

Photo by Prateek Katyal on Unsplash

Der Orgasmus. Definitiv ein Thema, um das viele Mythen ranken und Wenige kalt lässt. Hollywoodfilme und Pornos gaukeln uns vor, dass lustvolle Orgasmen ein Kinderspiel sind, das jede und jeder locker beherrscht. Doch die Realität sieht oft anders aus. So wünschen sich nicht wenige Männer, sie könnten den Höhepunkt länger hinauszögern, während Frauen oft froh wären, diesen einfacher oder überhaupt erreichen zu können. Zum Glück kann beides gelernt werden. Lies im Text, welche 4 Wege zum Orgasmus es gibt und wie du deine Möglichkeiten erweitern kannst um selbstbestimmter und lustvoller zum Orgasmus zu kommen.


Lustvolle Erregung und ekstatische Orgasmen gründen auf dem uns angeborenen Erregungsreflex. Dank ihm können wir überhaupt sexuell erregt werden. Dies übrigens nicht erst ab der Pubertät wie viele glauben, sondern bereits im Mutterleib, was Ultraschallbilder von steifen Penissen bei Jungs beweisen. Bereits kleine Kinder erleben und geniessen im Spiel unbewusst und vorurteilsfrei Situationen, die den Erregungsreflex auslösen wie Hüpfen, Springen oder das Herunterrutschen einer Stange, die zwischen den Beinen eingeklemmt ist. 

Erreicht die Erregung bei Menschen ab der Pubertät eine gewisse Intensität, kommt es zum Orgasmus. Auch das ein angeborener Reflex (Orgasmusreflex), der nicht unterdrückt werden kann, sobald die Schwelle des “Point of No Return” überschritten wurde. Und genau hier fängt es an, schwierig zu werden. Nicht grundsätzlich, aber doch öfters als vielen lieb ist. 

Denn der Weg zwischen diesen zwei Reflexen gestaltet jeder Mensch ganz individuell. Dabei kristallisieren sich über die Jahre Vorlieben heraus und fixe Abläufe nisten sich ein. Nicht alle erweisen sich jedoch als optimal. Viele Menschen tun mit ihrem Körper nämlich Dinge - ganz unbewusst - die ihre Erregung und Lust beschränken und damit einen Orgasmus erschweren oder gar verhindern. 


Der Orgasmus ist kein Zufall 

Von meinen Kundinnen höre ich immer wieder die Frage: warum kann es nicht einfacher sein, einen Orgasmus zu bekommen? Muss das so viel Arbeit sein? Bei Männern hingegen ist die Ausgangslage meist umgekehrt und sie wünschten sich, dass sie alles etwas länger hinauszögern könnten. Und: wieso kann ich zwar einen Orgasmus haben, aber diesen überhaupt nicht geniessen?

Die Antwort dazu liegt im eigenen Körper. Denn wie bereits erwähnt: der Weg zwischen dem ausgelösten Erregungsreflex und dem Orgasmusreflex gestalten wir selbst. Jeder auf seine Art, in den unterschiedlichsten Settings, die sich nicht miteinander vergleichen lassen, und vielfältigsten Techniken anwenden, die diverser nicht sein könnten. Doch wenn man wegschaut von all den Dingen und nur schaut, was Menschen mit ihrem Körper machen, während dem Sex, dann kann man wiederkehrende Muster erkennen. Das sexualtherapeutische Konzept des Sexocorporel unterscheidet 4 verschiedene Arten von Erregungssteigerung - und diese sind der Schlüssel dazu, die eigene Erregung selbstbestimmt und lustvoll bis zum Orgasmus führen zu können. 

Die 4 Arten der Erregungssteigerung

1 - Mit Druck zum Ziel 

Viele Menschen steigern ihre Erregung bevorzugt über Körperanspannung und Druck. Besonders bei Frauen ist diese Art von Erregungssteigerung beliebt - ungefähr ein Drittel aller Frauen wendet sie an. Zum Beispiel indem sie ihre Oberschenkel zusammenpressen und Druck auf die Genitalregion ausüben. Manchmal wird dazu auch ein Kissen oder ähnlich zwischen die Beine geklemmt. Gelegentlich wird das Pressen zusätzlich mit raschen, kräftigen Bewegungen ergänzt.  

Während für einige diese Art der Erregungssteigerung sehr schnell zu einem Orgasmus führt, haben andere damit noch nie einen Orgasmus erreicht. Von vielen wird diese rasch herbeigeführte Entladung als wenig lustvoll erlebt, denn der Körper muss dazu enormen Anspannung aufbauen und halten. Wer gewohnheitsmässig über hohen Druck stimuliert, kann zudem auch beim Geschlechtsverkehr an Grenzen stossen. Durch die anderen Stellungen und Bewegungen kann oft nicht genügend Druck ausgelöst werden um die Erregung bis zum Orgasmus zu steigern.  

2 - Reiben, Reiben, Reiben

Noch beliebter als Anspannung und Druck zur Erregungssteigerung, ist das mechanische Reiben des Genitals - weil man hier meist mit noch weniger Aufwand sehr schnell zum Orgasmus kommen kann. Doch auch hier sehr oft auf Kosten der Lust, die sich wegen der meist hohen Körperanspannung nicht im Körper verteilen kann.

Obwohl bei Männern und Frauen beliebt, sind es doch deutlich mehr Männer, die über reine Reibung ihres Genitals zum Orgasmus kommen. Tendenz steigend, begünstigt durch das einfache Konsumieren von Pornografie über das Smartphone. In der einen Hand der Penis, in der anderen das Smartphone. 
Bei Frauen, die bevorzugt über Reibung Erregung erzeugen, ist es meist so, dass sie über schnelle, rhythmische Reibungen von Klitoris und/oder Vulva die Erregung so weit steigern, dass der Orgasmusreflex ausgelöst wird. Sehr oft folgt diese Reibung einer genauen, präzisen Linie oder Fläche.  

Für Frauen, die gewohnheitsmässig durch Reibung die Erregung steigern, kann der Geschlechtsverkehr wenig spannend sein. Denn während im Geschlechtsverkehr die Vagina stimuliert wird, sind sich diese Frauen eine Stimulation der äusseren Rezeptoren von Vulva und Klitoris gewohnt. Darum können viele dieser Frauen ohne zusätzliche Stimulation der Klitoris nicht zum Orgasmus kommen. 

3 - Dynamisches, fliessendes Bewegen

Diese Art der Erregungssteigerung kann am ehesten mit einem fliessend, dynamischen Tanz beschrieben werden. Der ganze Körper ist in Bewegung, variantenreich und rhythmisch. Die Körperspannung ist dabei locker - dynamisch. Dadurch verteilt sich die Erregung leicht im ganzen Körper. Das führt bei Menschen, die diese Art der Erregungssteigerung benutzen - was meistens Frauen sind - zu lustvollen Gefühlen und intensivem erotisch-sinnlichem Erleben. 

Doch so erotisch-sinnlich dieses Bewegungsspiel ist, oft kann damit die Erregung nicht bis zum Orgsmus gesteigert werden. Denn um den Orgamus auslösen zu können, muss im Körper eine gewisse Spannung erzeugt werden können um die Erregung zu kanalisieren. 

4 - Die doppelte Schaukel

Auch die Erregungssteigerung dieser Gruppe ist geprägt von dynamischen Bewegungen und Rhythmen. Anspannung und Entspannung des Körpers wechseln sich ab und werden von tiefer Bauchatmung begleitet. Dies hilft nicht nur die Erregung im ganzen Körper zu verteilen, was das Lustgefühl erhöht, sondern auch die Erregung so zu kanalisieren, dass es zum Orgasmus kommen kann. 

Die hier typische Bewegung bezeichnen wir Sexologen als die “doppelte Schaukel”: Becken und Schultern werden über tiefe Bauchatmung gleichzeitig rhythmisch bewegt, was einem Schaukeln von Becken und Schultern gleicht. Ähnlich der Bewegung, die durch Husten oder Niesen ausgelöst wird. (Simuliere ein Niesen im Stehen und beobachte, welche Bewegung dein Körper dabei macht.) Über die obere Schaukel der Schultern wird die Lust angekurbelt und im Körper verteilt. Über die untere Schaukel des Beckens wird die sexuelle Erregung so gezielt kanalisiert, dass es zum Orgasmus kommen kann.

Diese Art der Erregungssteigerung unterstützt Frauen zudem dabei, ihren Vagina-Innenraum besser wahrnehmen zu können. Dadurch wird dieser immer mehr als etwas Lustvolles und Erregendes erlebt - eine wichtige Voraussetzung dafür um über Penetration zum Orgasmus zu kommen.

Und jetzt - wie weiter?

Natürlich ist diese Liste nicht abschliessend, es gibt verschieden Mischformen dieser Erregungskategorien. Kategorien sind sowieso nie dazu da, abschliessend zu sein, sondern um Verständnis zu schaffen, indem sie Zusammenhänge aufzeigen und verdeutlichen. Sobald wir wissen, wie etwas funktioniert, können wir Einfluss nehmen darauf. 

Zudem ist keine dieser Erregungsstrategien richtig, keine falsch. Die Frage ist immer, was man in welchem Setting erreichen und erleben möchte. Das Wissen darüber, dass die Wege zum Orgasmus nicht angeboren, sondern gelernt sind, öffnet den Weg dazu, die eigene Sexualität nicht als etwas Starres zu betrachten, sondern als einen fliessenden Lernprozess auf den wir bewusst Einfluss nehmen können.

Wie das geht? Indem du deine eigene Sexualität besser kennen lernst: was gefällt dir? Was gefällt deinem Partner? Fange an mit den unterschiedlichen Möglichkeiten, die unser Körper uns zur Erregungs- und Luststeigerung bietet, zu spielen. Die sexuelle Entwicklung ist nie abgeschlossen. Sie dauert ein Leben lang. Denn jede Veränderung des Körpers spiegelt sich in unserer Sexualität wider und wir dürfen darauf reagieren.


Du möchtest deinen eigenen Erregungsmodus besser verstehen und allenfalls erweitern lernen, weil du an gewisse Grenzen stösst? Gerne begleite ich dich auf diesem Weg. Melde dich bei Interesse unverbindlich bei mir über folgenden Button.